Zuständigkeit für Abschluss, Änderung und Beendigung des Dienstvertrags eines GmbH-Geschäftsführers


 
(Der Betrieb 2018, 2360)

 

In seinem Urteil vom 03. 07. 2018 (II ZR 452/17) hat sich der BGH zur Zuständigkeit für den Abschluss, die Änderung und die Beendigung des Dienstvertrages eines GmbH-Geschäftsführers geäußert und seine Rechtsprechung zur Annexkompetenz zu § 46 Nr. 5 GmbHG fortgeführt. Darüber hinaus setzt sich die Entscheidung mit den Voraussetzungen der Umwandlung eines Geschäftsführerdienstvertrages in ein Arbeitsverhältnis auseinander und befasst sich mit einer klassischen Schnittstelle zwischen Gesellschaftsrecht und Arbeitsrecht.

Sachverhalt

Der Kläger hatte zusammen mit zwei weiteren Rechtsanwälten eine Sozietät in der Rechtsform einer GbR gegründet. Die GbR gründete als Alleingesellschafterin die beklagte GmbH. Diese bestellte den Kläger zum Geschäftsführer und schloss mit ihm am 01.08.2014 einen Dienstvertrag, in dem geregelt war, dass die Zuständigkeit des Dienstnehmers den anwaltlichen und den kaufmännischen Bereich der Geschäftsführung umfasse. Zum 31.10.2014 wurde der Kläger als Geschäftsführer abberufen, war aber weiterhin als Rechtsanwalt für die Beklagte tätig. Ab Mai 2015 zahlte ihm die Beklagte keine Vergütung mehr. Gegen den mit der Klage geltend gemachten Gehaltsanspruch wandte die Beklagte ein, mit den beiden anderen Gesellschaftern der GbR sei Anfang Mai 2015 die Einstellung der Vergütungszahlung vereinbart worden. LG und OLG hielten den Vortrag der Beklagten, der Kläger habe mit den übrigen GbR-Gesellschaftern die Einstellung seiner Vergütungszahlung vereinbart, für unschlüssig, denn mit den anderen Gesellschaftern habe eine Änderung des Dienstvertrages nicht wirksam vereinbart werden können. Nur der – nach Abberufung des Klägers zum 31.10.2014 – noch verbliebene andere Geschäftsführer hätte die Beklagte wirksam vertreten können, sei jedoch bei der Besprechung der drei GbR-Gesellschafter, in der die Einstellung der Vergütung vereinbart wurde, nicht zugegen gewesen.

Entscheidung

  1. Nach der Rspr. des BGH ist das zum Abschluss, zur Änderung und Beendigung des Dienstvertrags eines Geschäftsführers allein befugte Organ einer GmbH bei Fehlen abweichender Satzungsbestimmungen die Gesellschafterversammlung (sog. Annexkompetenz zu § 46 Nr. 5 GmbHG).
  2.  Auf die Kompetenz der Gesellschafterversammlung hatte es keinen Einfluss, dass der Kläger bereits zum 31.10.2014 als Geschäftsführer der Beklagten abberufen worden war. Für die Kompetenz der Gesellschafterversammlung sowohl für die Begründung oder Beendigung des Organverhältnisses als auch des Anstellungsverhältnisses des Geschäftsführers kommt es nicht auf einen engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang zwischen Bestellung und Anstellung bzw. Abberufung und Kündigung oder Änderung an.
  3. Eine Änderung des Dienstvertrags des abberufenen Geschäftsführers fällt erst dann unter die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis des (neuen) Geschäftsführers, wenn sich das ursprüngliche Geschäftsführerdienstverhältnis nach der Abberufung in ein gewöhnliches Anstellungsverhältnis (also ein Arbeitsverhältnis) umgewandelt hat.
  4. Allein die bis zu der behaupteten Vereinbarung Anfang Mai 2015 verstrichene Zeit seit der Abberufung des Klägers zum 31.10.2014 führt nicht zu einer Umwandlung in ein gewöhnliches Anstellungsverhältnis.
  5. Eine Umwandlung des Geschäftsführerdienstvertrags nach der Abberufung des Klägers als Geschäftsführer zum 31.10.2014 in ein gewöhnliches Anstellungsverhältnis ist weder vom Berufungsgericht festgestellt noch ist vorgetragen worden, wodurch der Dienstvertrag umgewandelt worden sein soll.
  6. Die behauptete Vereinbarung der drei GbR-Gesellschafter über die Änderung des Dienstvertrags des Klägers kann deshalb als Beschluss der GbR-Gesellschafter als Alleingesellschafterin der Beklagten und damit des für die Abänderung des Dienstvertrages des Klägers zuständigen Organs zu bewerten sein.

Praxishinweise

Der Fall unterstreicht die Bedeutung der Zuständigkeit für die Kündigung oder Änderung des Anstellungsvertrags von GmbH-Geschäftsführern bei Inkongruenz von Organstellung und Anstellungsverhältnis. Nach dem Trennungsprinzip sind Organstellung und Anstellung unabhängig voneinander, sodass das Anstellungsverhältnis des Geschäftsführers grds. auch nach der Abberufung fortbesteht. Wer die Gesellschaft bei der Kündigung wirksam vertreten kann, hängt davon ab, ob der Anstellungsvertrag als Dienstverhältnis fortbesteht oder sich in ein „gewöhnliches Anstellungsverhältnis“, also ein Arbeitsverhältnis, umwandelt. Für die Kündigung von Geschäftsführer-Dienstverträgen ist die Gesellschafterversammlung zuständig, für die Kündigung von Arbeitsverhältnissen dagegen der Geschäftsführer als gesetzlicher Vertreter des Arbeitgebers. Mit der Umwandlung in ein Arbeitsverhältnis ändert sich aber nicht nur die Zuständigkeit für die Kündigungserklärung, sondern es ändern sich auch die materiellen Voraussetzungen ihrer Wirksamkeit, denn nun kann für den Geschäftsführer Kündigungsschutz nach dem KSchG bestehen. Der BGH geht sogar acht Monate nach Abberufung von der Organstellung noch nicht von einer konkludenten Umwandlung des Dienstverhältnisses in ein Arbeitsverhältnis aus. GmbH-Geschäftsführer, die nach Beendigung ihrer Organstellung Bestandsschutz für ihr Anstellungsverhältnis erlangen wollen, sind deshalb gut beraten, sich den Willen der Gesellschaft, das Anstellungsverhältnis auch ohne Organstellung und Geschäftsleitungsaufgaben fortzusetzen, nachweisbar dokumentieren zu lassen. Umgekehrt sollte die Gesellschaft jegliche Zuweisung geänderter Aufgaben unterlassen, um arbeitsrechtlichen Kündigungsschutz zu vermeiden.

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Dr. Rolf Stagat

Autor: Dr. Rolf Stagat
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