Irreführende Werbung mit einem TÜV-Testsiegel


GRUR-Prax 2015, Seite 194

Zur irreführenden Werbung mit einem TÜV-Testsiegel, wenn das Testsiegel nicht auf einer unabhängigen Bewertung der anerkannten Prüforganisation, sondern auf einer Kundenbefragung basiert. (Leitsatz des Gerichts)
OLG Saarbrücken, Urteil vom 28.1.2015 – 1 U 100/14 (LG Saarbrücken), BeckRS 2015, 05287

Sachverhalt
Der Beklagte warb auf seiner Website mit dem bekannten Siegel des TÜV Saarlands und dem Text „TÜV Service tested Bereich Kundendienst + Teileservice sehr gut freiwilliges Prüfzeichen“ geworben. Der TÜV Saarland hatte dieses Siegel aufgrund der Auswertung einer fremden Kundenbefragung verliehen. Eine unabhängige Bewertung hatte der TÜV nicht durchgeführt.
Der Kläger nahm den Beklagten als Verantwortlichen für den Internetauftritt auf Unterlassung der Verwendung des Testsiegels in Anspruch. Die Werbung sei wettbewerbswidrig, da der Hinweis darauf fehle, dass es sich nicht um eine unabhängige Bewertung durch den TÜV gehandelt habe, sondern um das Ergebnis einer Kundenbefragung.
Das LG Saarbrücken verurteilte den Beklagten, die Benutzung des TÜV-Siegels auf der von ihm betriebenen Internetseite zu unterlassen. Der Beklagte legte hiergegen Berufung ein.

Entscheidung
Das OLG Saarbrücken weist die Berufung zurück. Die Werbung mit dem Testsiegel sei irreführend und verstoße gegen § 5 I 2 Nr. 1 UWG, weil irreführende Angaben über die Ergebnisse oder wesentlichen Bestandteile von Tests der Waren oder Dienstleistungen gemacht würden.
Die TÜV-Siegel-Bewertung erwecke bei einem nicht unerheblichen Teil der Verbraucher den unzutreffenden Eindruck, der TÜV selbst sei im Rahmen eines von ihm selbst durchgeführten unabhängigen Tests zu dem Ergebnis gelangt, der Bereich „Kundendienst und Teileservice“ sei mit „sehr gut“ zu bewerten. Einen solchen Test durch den TÜV selbst erwarte der Durchschnittsverbraucher, weil der TÜV als unabhängige, staatlich anerkannte Prüforganisation bekannt sei.
Eine eigene Prüfung durch den TÜV habe jedoch nicht stattgefunden. Das Siegel sei aufgrund einer vom TÜV ausgewerteten Kundenbefragung verliehen worden. Eine solche Befragung sei per se subjektiv geprägt. Für einen durchschnittlichen Verbraucher sei dies aufgrund der Gestaltung des TÜV-Siegels nicht zu erkennen gewesen, insbesondere werde dies nicht durch den Zusatz „freiwilliges Prüfzeichen“ klargestellt. Auch wenn sich ein Unternehmen freiwillig einer TÜV-Prüfung unterwerfe, bedeute das nicht, dass diese nicht anhand einer objektiven eigenen Prüfung sondern allein aufgrund der Auswertung einer Kundenbefragung durchgeführt werde.

Praxishinweis

Die Entscheidung des OLG Saarbrücken führt die strenge Rechtsprechung des BGH zur Irreführung über amtliche Prüfungen und Testergebnisse konsequent fort.
Die Werbung mit behördlichen Prüfungen und entsprechenden Prüfsiegeln ist von hoher Wettbewerbsrelevanz, da sie den Verbraucher in erheblichem Maß von der Qualität einer Ware oder Dienstleistung überzeugt. Behördliche Prüfungen und Prüfsiegel vermitteln den Eindruck einer anhand objektiver Prüfungsmaßstäbe durchgeführten Untersuchung durch Behörden oder sonstige neutrale Dritte (Sosnitza in Ohly/Sosnitza, UWG, 6. Aufl. 2014, § 5 Rn. 419). Insbesondere der TÜV genießt in Deutschland als unabhängige, staatlich anerkannte Prüforganisation ein hohes Ansehen bezüglich seiner Sachkunde und Neutralität.
Irreführend ist daher die Werbung mit Angaben über behördliche Prüfungen und mit entsprechenden Prüfsiegeln, die den Verkehrserwartungen an Objektivität und Neutralität nicht entsprechen. Den Werbenden treffen im Fall einer Diskrepanz zwischen der Verkehrserwartung und den tatsächlichen Testmodalitäten konkrete Hinweispflichten, um unzutreffende Vorstellungen der Verbraucher zu vermeiden.
Die Werbung mit dem Testergebnis einer unabhängigen, staatlich anerkannten Prüforganisation, dem lediglich die Auswertung einer Kundenbefragung zugrunde liegt, erfordert einen Hinweis auf den Umstand, dass der Test auf keiner unabhängigen und objektiven Prüfung beruht. Der Zusatz „freiwilliges Prüfzeichen“ ist unzureichend. Vorliegend wäre der Hinweis auf die konkreten Testmodalitäten, respektive die Auswertung einer Kundenbefragung, als Grundlage für die Verleihung des TÜV-Siegels erforderlich gewesen.

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Dr. Andreas Witt, LL.M.

 

Autor: Dr. Andreas Witt, LL.M.
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