[ Beitrag von Dr. Rolf Stagat ]

Für Gründer junger Unternehmen stellt sich häufig die Herausforderung, schnell finanzielle Mittel zu gewinnen, ohne dabei den Aufwand einer förmlichen Kapitalmaßnahme nach dem § 5 ff. GmbH‑Gesetz („GmbHG“) zu durchlaufen. In dieser Phase ist Flexibilität entscheidend. Ein bewährtes Instrument hierfür ist das Wandeldarlehen (Convertible Loan).
Dieses Finanzierungsinstrument ermöglicht es, zunächst Darlehensmittel aufzunehmen, die – unter bestimmten Voraussetzungen – später in Geschäftsanteile umgewandelt werden. Damit können Gründer Liquidität erhalten, ohne sofort eine Kapitalerhöhung mit Notar, Handelsregistereintragung und abschließender Bewertung durchführen zu müssen. Gleichzeitig bietet es Investoren die Möglichkeit, frühzeitig einzusteigen und sich an den zukünftig geplanten Eigenkapitalmaßnahmen zu beteiligen. Wie funktioniert eine solche flexible Start-up-Finanzierung ohne Kapitalmaßnahme nach dem GmbHG?

Das sind die wesentlichen Elemente einer Wandeldarlehensfinanzierungsrunde:

  1. Beschluss der Gesellschafter über die Ermächtigung der Geschäftsführer

Damit ein Wandeldarlehensvertrag wirksam abgeschlossen werden kann, empfiehlt es sich, dass die Gesellschafter bereits vorab in einer Gesellschafterversammlung einen entsprechenden Beschluss fassen. Der Beschluss sollte insbesondere die Geschäftsführer dazu ermächtigen, im Namen der Gesellschaft Verträge über Wandeldarlehen abzuschließen sowie den Rahmen dieser Finanzierung (z. B. Maximalsumme, Laufzeit, Konditionen) festlegen.

Durch einen solchen Beschluss wird sichergestellt, dass

  • die Geschäftsführung im Rahmen klar definierter Vorgaben handelt,
  • die Kernbedingungen der Finanzierung von den Gesellschaftern genehmigt sind, und
  • Risiken für die Gesellschaft und die Gesellschafter durch unklare Geschäftsführungsbefugnisse begrenzt werden.

Ein solcher Schritt zeigt Investoren zugleich, dass die Finanzierung strukturiert vorbereitet wurde und die Gesellschafter-Ebene eingebunden ist.

  1. Term Sheet – die wirtschaftlichen Eckpunkte

Nach dem Beschluss der Gesellschafter wird typischerweise ein sogenanntes Term Sheet erstellt. Das Term Sheet ist keine rechtsverbindliche Vereinbarung im engeren Sinne, sondern eine Absichtserklärung („memorandum of understanding“), die die wesentlichen wirtschaftlichen Parameter der Finanzierung festhält. Es bildet die Basis für die spätere Vertragsgestaltung und dient der Verständigung zwischen Gesellschaft und Investor über die Konditionen.

Übliche Inhalte eines Term Sheets bei einem Wandeldarlehen sind:

  • Darlehenshöhe: Betrag, den der Investor der Gesellschaft zur Verfügung stellt
  • Laufzeit des Darlehens bzw. Zeitpunkt, zu dem eine Wandlung oder Rückzahlung fällig wird
  • Zinssatz: Meist moderat, da der Fokus auf der späteren Beteiligung und nicht primär auf der Verzinsung liegt
  • Wandlungsbedingungen: z. B. nächste Eigenkapitalfinanzierungsrunde, Ablauf der Laufzeit oder bestimmter Meilensteine.
  • Discount: Der Investor erhält bei der Wandlung einen Rabatt auf den Preis der neuen Anteile gegenüber den regulären Konditionen
  • Cap (Bewertungsobergrenze): Eine Höchstvaluation, zu der das Darlehen in Eigenkapital umgewandelt wird, um Verwässerungseffekte für den Investor zu begrenzen
  • Ranking (Rangrücktritt): Hinweise, dass das Darlehen im Insolvenzfall nachrangig behandelt wird 
  • Informations- und Reportingrechte: Vorgaben, dass der Investor bestimmte Informationen (z. B. Geschäftsberichte) erhält

Das Term Sheet erleichtert nicht nur die Vertragsarbeit, sondern dient auch der Transparenz gegenüber allen Beteiligten.  

  1. Welche Regelungen muss ein Wandeldarlehensvertrag mit einem Investor enthalten?

Damit die Finanzierungsrunde auf solider rechtlicher Basis steht, muss der Wandeldarlehensvertrag eine Reihe von zentralen Regelungen enthalten. Im Folgenden die wichtigsten Elemente im Überblick:

  1. a) Darlehensbetrag und Zinssatz
    Die Vereinbarung muss den Darlehensbetrag klar benennen – also wie viel Geld der Investor der Gesellschaft zur Verfügung stellt. Ebenso ist der Zinssatz Meistens ist dieser vergleichsweise niedrig angesetzt, da der wirtschaftliche Hauptanreiz für den Investor in der späteren Umwandlung in Eigenkapital liegt.
  2. b) Rangrücktritt
    Damit die Gesellschaft nicht bereits durch das Wandeldarlehen bilanziell so hoch belastet wird, dass eine insolvenzrechtlich relevante Überschuldung eintritt, sollte im Vertrag ein Rangrücktritt vereinbart werden. Das bedeutet, dass das Wandeldarlehen im Rang hinter die Forderungen anderer Gläubiger gestellt wird (§ 39 InsO). Damit wird das Risiko einer Überschuldung reduziert und die Gesellschaft entlastet.
  3. c) Discount
    Der Discount gewährt dem Investor einen Abschlag auf den Wandlungspreis der Anteile. Beispiel: Statt zum Preis X wandelt sich das Darlehen zu einem effektiv niedrigeren Preis (z. B. 80 % von X), wodurch der Investor einen Vorteil für das frühzeitige Engagement erhält.
  4. d) Cap
    Die Bewertungsobergrenze („Cap“) legt einen maximalen Unternehmenswert fest, zu dem das Darlehen in Eigenkapital umgerechnet wird. Wird dieser Wert bei der nächsten Finanzierungsrunde überstiegen, erfolgt die Wandlung trotzdem zu diesem vorher definierten Bewertungs-Cap. Das schützt den Investor vor Verwässerung.
  5. e) Zwingende Wandlung
    Im Vertrag sollte festgelegt sein, wann und unter welchen Bedingungen das Darlehen in Eigenkapital wandelt. Üblich ist, dass mit Eintritt bestimmter Ereignisse – etwa einer nächsten Finanzierungsrunde mit bestimmten Mindesthöhe oder dem Ablauf der Laufzeit – eine automatische Wandlung Alternativ können auch Wahlrechte vorgesehen werden (z. B. Wandelung oder Rückzahlung).
  6. f) Informations- und Reportingrechte des Darlehensgebers
    Der Investor sollte über die Geschäftsentwicklung der Gesellschaft informiert werden. Dies können z. B. Jahresabschlüsse, Quartalsberichte, Businessplan-Updates oder Rechte zur Teilnahme an Gesellschafterversammlungen sein. Diese Regelung trägt der Rolle des Investors als möglicher zukünftiger Gesellschafter Rechnung.
  7. g) Sonstige Regelungen
    Weitere wesentliche Bestandteile sind u. a.:
  • Laufzeit und Fälligkeit des Darlehens sowie Regelung zur Rückzahlung, falls keine Wandlung erfolgt.
  • Modalitäten der Wandlung (z. B. Anzahl und Nominalwert der Anteile, Versagung bei bestimmten Ereignissen, Verwässerungsschutzklauseln).
  • Bedingungen für Sonderfälle (z. B. Insolvenz, Liquidation, Veränderung der Gesellschaftsstruktur, Teil-Verwertung).
  • Regelung über Rechtswahl, Gerichtsstand, Kosten und Gebühren.

Ein seriös gestalteter Wandeldarlehensvertrag schafft sowohl für das Start-up als auch für den Investor klare Rahmenbedingungen.

  1. Wandlung durch Kapitalerhöhung nach Ablauf der Darlehensdauer

Die eigentliche Wandlung des Darlehens erfolgt regelmäßig durch eine Kapitalerhöhung gegen Einlage, bei der das Darlehen durch Verrechnung eingebracht wird.

  • Nach Eintritt des Wandlungsereignisses (wie im Vertrag vereinbart) wird ein Gesellschafterbeschluss gefasst, der eine Kapitalerhöhung beschließt und das Darlehen einbringt.
  • Der Darlehensgeber wird als neuer Gesellschafter oder als weiterer Gesellschafter eingetragen – die Rückzahlung des Darlehens entfällt und stattdessen erfolgt eine Beteiligung.
  • Die Gesellschaft wandelt damit Fremdkapital in Eigenkapital um.
  • Bei der Umsetzung sind formelle Anforderungen nach dem GmbH-G einzuhalten (Beschluss, Notar, Handelsregister). Allerdings ist der Weg über das Wandeldarlehen gerade deshalb attraktiv, weil die Bewertung und Ausgabe von Anteilen bereits vorbereitet ist und nicht mehr als eigenständige, aufwendige erste Kapitalmaßnahme erfolgt.

Diese Vorgehensweise bietet Start-ups eine elegante Brücke zur eigentlichen Eigenkapitalfinanzierung.

  1. Möglichkeiten für Investoren: Dienstleistungen statt Geld – Convertible Work for Equity Agreement

Nicht immer bringen Unterstützer in einem Start-up Geldmittel ein; oft handelt es sich vielmehr um Dienstleistungen, Know-how, Netzwerk oder Entwicklungsleistungen. In solchen Fällen kann ein sogenanntes Convertible Work for Equity Agreement zur Anwendung kommen. Dabei gelten folgende Besonderheiten:

  • Vereinbart wird, dass eine Person oder ein Unternehmen Leistungen (z. B. Entwicklung, Beratung, Marketing) für das Start-up erbringt.
  • Anstatt eine sofortige Vergütung in Geld zu erhalten, wird eine Forderung der Gesellschaft gegenüber dieser Person begründet, die wie ein Darlehen behandelt wird.
  • Im Anschluss wird diese Forderung zu einem späteren Zeitpunkt (z. B. nach erfolgreicher Finanzierungsrunde) in Eigenkapital gewandelt.
  • Dieses Modell verbindet Dienstleistungserbringung mit Beteiligungsmöglichkeit und ermöglicht dem Start-up, wertvolle Dienste zu erhalten, ohne seine Liquidität sofort zu belasten.

Fazit

Ein Wandeldarlehen ist für Start-ups ein flexibles, kosteneffizientes und rechtssicheres Instrument, um Kapital in einer frühen Phase zu beschaffen, ohne den Aufwand einer klassischen Kapitalmaßnahme nach dem GmbHG sofort durchführen zu müssen.
Die Kombination aus Darlehenscharakter, klarer Wandlungsstruktur und definierten Konditionen schafft Rechtssicherheit sowohl für die Gründer als auch für den Investor. Zudem eröffnet die Variante der Dienstleistungsfinanzierung (Work for Equity) zusätzliche Gestaltungsspielräume.

Wenn Sie als Gründer oder Gesellschaft darüber nachdenken, ein Wandeldarlehen einzusetzen oder ein Convertible Work for Equity Agreement zu gestalten, stehen wir Ihnen bei ­GKD RECHTSANWÄLTE mit unserer Fachanwaltsexpertise im Gesellschaftsrecht gerne beratend zur Seite. Wir unterstützen Sie bei der Strukturierung, Vertragsgestaltung und Umsetzung.