Markenrecht nach dem Brexit
Mit dem Austritt Großbritanniens aus der EU und dem Ablauf der Übergangsphase stellen sich Markeninhaber zurecht die Frage, wie in Zukunft der Schutz ihrer Marken in Großbritannien erfolgt. Der folgende Beitrag skizziert die Folgen des Brexits und die Zukunft des Markenschutzes für Großbritannien.
Wegfall des Markenschutzes durch den Austritt aus der EU?
Mit Austritt Großbritanniens aus der EU am 31.01.2019 und dem Ende der Übergangsphase am 31.12.2020 haben die Unionsmarke und die internationale Registrierung (auch IR-Marke genannt) mit Bennenung der EU ihre Schutzwirkung für Großbritannien verloren.
Inhaber einer eingetragenen Unions- oder IR-Marke mit Benennung der EU haben ersatzweise eine britische Marke erhalten, die fortan unabhängig von ihrer Ursprungsmarke ist. Sie weist allerdings einen identischen Schutzumfang, das gleiche Prioritätsdatum sowie das gleiche Fälligkeitsdatum für die nächste Verlängerung der Marke auf. Inhaber einer IR-Marke mit Benennung der EU sind somit nicht Inhaber einer IR-Marke mit Schutzerstreckung auf Großbritannien geworden, sondern haben wie die Inhaber einer Unionsmarke eine nationale britische Marke erhalten.
Schutzrechteinhaber, die ihren sog. „britischen Klon“ nicht behalten möchten, können durch die aktive Ausübung eines Widerspruchs (sog. „opting-out“) auf die britische Marke mit Rückwirkung zum 01.01.2021 verzichten oder die Verlängerungsgebühr an das UKIPO nicht entrichten, um den Markenschutz für die Zukunft aufzugeben.
War die Unions- bzw. IR-Marke zum Zeitpunkt des Ablaufs der Übergangsphase am 31.12.2020 noch nicht eingetragen oder war ein Widerspruch gegen diese eingetragen, so hat der Markeninhaber keinen britischen Klon erhalten. Deren Schutzrechteinhaber sollten daher eine separate Markenanmeldung in Großbritannien vornehmen oder bei einer IR-Markenanmeldung Großbritannien als Schutzland explizit benennen, um den Markenschutz in Großbritannien zu genießen. Entscheidet sich der Rechteinhaber bis zum 30.09.2021 für eine britische Markenanmeldung, bewahrt er sich darüber hinaus die Priorität seiner Unions- bzw. IR-Markenanmeldung. Die Prüfung der Schutzfähigkeit erfolgt hinsichtlich der separat angemeldeten Marke nach britischen Recht und es werden Anmeldegebühren fällig.
Eigenständiges Schicksal der britischen nationalen Marke
Die nationale britische Marke führt fortan ein eigenständiges Schicksal. Sie wird eigenständig verwertet, eigenständig übertragen und es fallen eigenständige Gebühren an. Die britische Marke ist grundsätzlich auch eigenständig zu verlängern.
Ob die Verlängerung des Markenschutzes in der Vergangenheit noch Verlängerungswirkung für die geklonte britische Marke hatte, hängt vom Zeitpunkt des Schutzendes der Unions- bzw. IR-Marke ab. Liegt das Datum noch vor dem Ende des Ablaufs der Übergangsphase (vor dem 01.01.2021) hat die Verlängerung der Unions- bzw. IR-Marke die Verlängerung der Schutzdauer der geklonten britischen Marke zur Folge. Dies gilt auch für Verlängerungen, die innerhalb der Nachfrist von 6 Monaten erfolgen. Die Verlängerung einer Unions- bzw. IR-Marke, deren Schutzende am 31.12.2020 abläuft, kann folglich noch bis zum 30.06.2021 auch mit Wirkung für ihren britischen Klon erfolgen. Dagegen hat die Verlängerung einer Marke, deren Schutzende erst nach dem Ende der Übergangsphase liegt (ab dem 01.01.2021), keine Verlängerungswirkung für die britische geklonte Marke. Sie ist separat zu verlängern.
Auswirkungen auf das Widerspruchsverfahren
Es gilt grundsätzlich drei Fälle zu unterscheiden.
- Widerspruchsverfahren vor UKIPO gegen UK Marke aus einer eingetragener Unionsmarke: Das Widerspruchsverfahren wird fortgesetzt. Allerdings nicht mit der Unionsmarke, sondern mit der neuen geklonten britischen Marke.
- Widerspruchsverfahren vor UKIPO gegen UK Marke aus lediglich angemeldeter, noch nicht eingetragener Unionsmarke: Das Widerspruchsverfahren wird vorläufig ausgesetzt, da keine geklonte britische Marke existiert. Allerdings kann noch unter Wahrung der Priorität der Unionsmarke bis zum 30.09.2021 eine britische Marke angemeldet werden und mit dieser das Widerspruchsverfahren fortgesetzt werden.
- Widerspruchsverfahren vor EUIPO gegen Unionsmarkenanmeldung aus UK Marke: Widerspruchsverfahren, die am 30.12.2020 noch anhängig waren, werden zurückgewiesen. Dies ist bereits in der Entscheidung des EUIPO („#sorry bro“) am 12.02.2021 geschehen.
Laufende Löschungsverfahren gegen Unionsmarken
Sofern am 31.12.2020 gegen die Unionsmarke ein Löschungsverfahren anhängig war, hat die Entscheidung über die Unionsmarke auch Auswirkungen auf die britische geklonte Marke. Erfolgt aufgrund des Prozesses die Löschung der Unionsmarke, wird grundsätzlich auch die britische geklonte Marke zum selben Datum gelöscht.
Eine Ausnahme hiervon betrifft den Fall, in dem die zur Löschung der Unionsmarke führenden Gründe nicht auf die britische geklonte Marke zutreffen.
Erschöpfungswirkung
Der Erschöpfungsgrundsatz besagt, dass der Inhaber einer Marke nicht das Recht hat, einem Dritten zu untersagen, die Marke für Waren zu benutzen, die unter dieser Marke von ihm oder mit seiner Zustimmung im Inland oder in einem der Mitgliedstaaten der EU in den Verkehr gebracht worden sind.
Es gilt somit der Grundsatz der unionsweiten Erschöpfung. Mit Austritt Großbritanniens aus der EU und Ablauf des Übergangszeitraums stellt sich die Frage, ob Großbritannien von der unionsweiten Erschöpfung weiterhin erfasst wird und umgekehrt.
Hinsichtlich des Unionsgebiets gilt, dass die Erschöpfung in Großbritannien keine Wirkung für das Unionsgebiet hat. Seit dem 01.01.2021 gilt daher, dass für den Import aus Großbritannien ggf. eine Erlaubnis des Schutzrechteinhabers einzuholen ist. Ist die Ware des Schutzrechteinhabers nicht nur in Großbritannien, sondern auch in der Union durch den Schutzrechteinhaber oder mit seiner Zustimmung in den Verkehr gebracht worden, gilt auch für das Unionsgebiet der Erschöpfungsgrundsatz, sodass es der Erlaubnis grundsätzlich nicht bedarf.
Umgekehrt hingegen soll sich bei der unionsweiten Erschöpfung die Erschöpfungswirkung vorerst auch auf Großbritannien erstrecken. Diesbezüglich könnten allerdings nach Auskunft der britischen Regierung in Zukunft Änderungen eintreten (Guidelines Gov.UK).
Rechtserhaltende Benutzung
Grundsätzlich gilt, dass Marken, die in den letzten 5 Jahren nicht benutzt wurden, gelöscht werden können. Auch kann im Verletzungsprozess der Nichtbenutzungseinwand dem Schutzrechteinhaber entgegengehalten werden. Die Benutzung innerhalb der EU gilt hinsichtlich der Unionsmarke im gesamten Unionsgebiet als rechtserhaltende Benutzung.
Für das britische Gebiet gilt in Zukunft, dass vergangene Benutzungshandlungen in den verbliebenen EU-Staaten auch für die geklonte britische Marke herangezogen werden können. Benutzungshandlungen im Unionsgebiet, die nach dem Ende der Übergangsphase (also ab dem 01.01.2021) erfolgen, sind allerdings für die Beurteilung der rechtserhaltenden Benutzung in den letzten 5 Jahren für Großbritannien irrelevant. Ab dem 01.01.2026 zählen somit nur noch die Benutzungshandlungen in Großbritannien.
Zoll und unionsweite Anträge auf Tätigwerden/ Application for action (AFA)
Mit einem unionsweiten Antrag auf Tätigwerden können Schutzrechtsinhaber die Ein- und Ausfuhr von verletzenden Waren aus Drittländern an den Außengrenzen der EU verhindern. Besteht der Verdacht einer Schutzrechtsverletzung, so hält die nationale Zollbehörde die verdächtige Ware an, setzt deren Überlassung an den Empfänger aus und informiert unverzüglich den Schutzrechteinhaber.
Bestehende Entscheidungen der UK-Behörden zum Antrag auf Tätigwerden verlieren ihre Wirkung in der EU. Inhaber von Unionsanträgen, denen durch britische Behörden stattgegeben wurde, sollten einen Antrag auf Tätigwerden in einem verbliebenen Mitgliedstaat stellen (Hinweis der Generalzolldirektion, Bonn). EU-weite Anträge haben zudem keine Wirkung mehr für UK. Ggf. ist ein nationaler Schutzantrag für Großbritannien nützlich, um rechtswidrige Einfuhr nach Großbritannien zu verhindern.
Lizenzverträge mit Geltungsbereichsvereinbarung für die EU
In Lizenzverträgen wird häufig die Formulierung gewählt, dass der Vertrag für das gesamte Gebiet der EU gelten soll. Ob das Gebiet Großbritanniens von einem solchen Lizenzvertrag erfasst ist, muss jeweils im Einzelfall beurteilt werden. Im ersten Zugriff kann hierbei auf das Datum der Vertragsvereinbarung abgestellt werden.
Lizenzverträge, die vor dem 29.03.2017 (Datum der Beantragung des Austritts) für die gesamte EU geschlossen wurden, sind in der Regel dahingehend auszulegen, dass auch nach dem 31.12.2020 Großbritannien miterfasst ist.
Lizenzverträge, die zwischen dem 29.03.2017 und 31.01.2020 (Phase zwischen Austrittserklärung und tatsächlichen Austritt) für die gesamte EU geschlossen wurden, sind auch in der Regel dahingehend auszulegen, dass Großbritannien miterfasst sein sollte. Anderes kann sich allerdings aus den Umständen des Vertragsschlusses ergeben (Begleitumstände, übrige Korrespondenz,…).
Lizenzverträge, die ab dem 01.02.2020 (Beginn der Übergangsphase) abgeschlossen wurden bzw. noch werden, sind in der Regel dahingehend auszulegen, dass Großbritannien nicht erfasst wurde /wird. Abweichendes kann sich allerdings wiederum aus den Umständen des Vertragsschlusses ergeben.
Im Zweifel sollte eine Ergänzungsvereinbarung über den territorialen Geltungsbereich geschlossen werden. Auch sollten diese Grundsätze bei der Formulierung von Verlängerungen bestehender Lizenzverträge beachtet werden. Jedenfalls ab dem 01.02.2020 sollte die britische Marke explizit mitgeregelt werden.
Das Beratungsangebot von GKD RECHTSANWÄLTE im Markenrecht
GKD RECHTSANWÄLTE verfügt über die umfangreiche Expertise im Markenrecht und im übrigen IP-Recht. Wir gewährleisten unseren Mandanten hierdurch eine umfassende Durchsetzung Ihrer Interessen. Lizenzverträge gehören bei GKD RECHTSANWÄLTE zum Kerngeschäft unserer Beratungsleistung, sowohl in nationalen als auch in internationalen Lizenzvertragsangelegenheiten.
Zu unseren Beratungsangeboten zählen u. a. auch:
- Abgrenzungsvereinbarungen,
- Abmahnung,
- Abwehr von markenrechtlichen Ansprüchen,
- Beschwerdeverfahren,
- Domainregistrierung,
- Due-Diligence-Prüfung,
- Durchsetzung von markenrechtlichen Ansprüchen,
- Franchise-Agreement,
- Lizenzverträge,
- Markenanmeldung national und international,
- Markenüberwachung,
- Waren- und Dienstleistungsverzeichnisse,
- Widerspruchsverfahren