FG Münster (7. Senat), Urteil vom 17.02.2021 – 7 K 63/19 L

Als gesetzlicher Vertreter hat der Geschäftsführer einer GmbH nach § 34 Abs. 1 AO deren steuerliche Pflichten zu erfüllen und insbesondere dafür Sorge zu tragen, dass die Steuern der Gesellschaft aus den Mitteln entrichtet werden, die er verwaltet. Die Nichtabführung einzubehaltender und anzumeldender Lohnsteuer, Kirchenlohnsteuer sowie des Solidaritätszuschlags zu den gesetzlichen Fälligkeitszeitpunkten (§ 38 Abs. 3, § 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG) stellt nach ständiger Rechtsprechung des BFH regelmäßig eine zumindest grob fahrlässige Verletzung der Pflichten eines GmbH-Geschäftsführers im Sinne des §§ 34, 69 AO dar. Die persönliche Haftung des Geschäftsführers folgt bereits aus seiner nominellen Besetzung zum Geschäftsführer, ohne Rücksicht darauf, ob die Geschäftsführung auch tatsächlich von ihm ausgeübt werden kann und soll.  

Entscheidung des FG Münster vom 17.02.2021

Diese Verantwortlichkeit wurde dem Geschäftsführer einer GmbH nun vor dem FG Münster (Urteil vom 17.02.2021 – 7 K 63/19 L) zum Verhängnis, der für nicht abgeführte Lohnsteuer persönlich haften musste. Intern war die Verantwortung für die verschiedenen Aufgabenbereiche zwar an unterschiedliche Geschäftsführer verteilt. Eine schriftliche Vereinbarung existierte hierüber allerdings nicht.

Obwohl der in Haftung genommene Geschäftsführer den Verantwortungsbereich Steuer nicht bekleidete, musste er für die nicht abgeführte Lohnsteuer zzgl. Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag persönlich einstehen. Auf die lediglich mündlich vereinbarte Aufgabenverteilung konnte sich der Geschäftsführer zur Vermeidung der Geschäftsführerhaftung nicht berufen. Seiner Inanspruchnahme stand auch nicht entgegen, dass er mangels Kontovollmacht für die GmbH und mangels vollständiger Einsicht in die Geschäftsunterlagen faktisch gar nicht in der Lage war, die Lohnsteuer abzuführen.

 

Folgen für die Praxis

Dieser Fall zeigt anschaulich, wie wichtig es ist, eine rechtssichere Abgrenzung der Verantwortungsbereiche unter mehreren Geschäftsführern zu schaffen, um die Geschäftsführerhaftung für fremde Geschäftsbereiche auszuschließen. Dies gilt umso mehr, wenn in der D&O-Versicherung der Versicherungsschutz für grobe Fahrlässigkeit ausgeschlossen wurde (Zu den Grundlagen der D&O-Versicherung).

Da eine wirksame Haftungsbeschränkung auf den eigenen Geschäftsbereich eine vorweg getroffene eindeutige, d.h. schriftliche, Vereinbarung, welcher Geschäftsführer für welchen Bereich zuständig ist erfordert, sollte auf eine solche Vereinbarung besondere Sorgfalt verwendet werden.

 

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GKD RECHTSANWÄLTE berät und vertritt sowohl Organmitglieder (Geschäftsführer, Vorstände und Aufsichtsräte) als auch Unternehmen in Fragen der Haftungsbeschränkung sowie der Abwehr bzw. Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen in Regressprozessen vor den Zivilgerichten. Wir beraten Sie außerdem bei der Konzeption des Versicherungsschutzes für die Gesellschaft sowie ihre Geschäftsführer und Vorstände und prüfen D&O-Versicherungsverträge auf Umfang und Reichweite des Versicherungsschutzes.

Für alle Fragen rund um das Arbeitsrecht stehen Ihnen unsere Fachanwälte für Arbeitsrecht Dr. Rolf Stagat und Thomas Zürcher, LL.M. sowie Herr Rechtsanwalt Dr. Stefan Jäkel sehr gerne zur Verfügung.

Dr. Rolf Stagat

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