Mittelständische Familienunternehmen scheuen einen mit Arbeitnehmern besetzten Aufsichtsrat wie der Teufel das Weihwasser. Sie wollen die Leitung des Unternehmens nicht aus der Hand geben und sich unternehmerisch nicht der Mitbestimmung der Belegschaft unterwerfen. Obwohl das Drittelbeteiligungsgesetz an sich zur Wahl eines Aufsichtsrats verpflichtet, wenn in einer GmbH mehr als 500 Arbeitnehmer beschäftigt sind, gibt es in einer großen Zahl von Familiengesellschaften tatsächlich keinen Aufsichtsrat. Die Diskussion über Vermeidungsstrategien ist durch das FüPoG II neu entflammt: ist das „Aussitzen“ der Pflicht zur Bildung eines Aufsichtsrats noch ein gangbarer Weg? Die Antwort finden Sie im folgenden Beitrag.
Auswirkungen der AÜG-Novelle auf das Mitbestimmungsrecht
„Aufsichtsrat ? Nein danke!“ Unter dieser Überschrift berichtete das Handelsblatt im Juli 2015 über den Wegzug der Meyer Werft von Papenburg nach Luxemburg. Hierzu passt eine Untersuchung der University of Lüneburg mit dem Titel „Drittelbeteiligung im Aufsichtsrat – gesetzliche Regelung versus Unternehmenspraxis“, die zu dem Ergebnis kommt, dass rund 40 % der Unternehmen aus dem verarbeitenden Gewerbe keinen Aufsichtsrat einrichten, obwohl dies gesetzlich vorgeschrieben ist. Unter welchen Voraussetzungen in einer GmbH ein Aufsichtsrat eingerichtet werden muss und wie sich das ggfs. vermeiden lässt, beantwortet dieser Beitrag.
Voraussetzungen für die Pflicht zur Errichtung eines Aufsichtsrats in der GmbH
Die Pflicht zur Bildung eines Aufsichtsrats wird im allgemeinen nur großen Unternehmen zugeordnet, die nach dem Mitbestimmungsgesetz verpflichtet sind, einen paritätischen Aufsichtsrat zu haben. Weniger bekannt ist dagegen, dass auch für kleinere Unternehmen die Errichtung eines Aufsichtsrats gesetzlich zwingend vorgeschrieben ist. So verpflichtet das Drittelbeteiligungsgesetz jede GmbH mit mehr als 500 und weniger als 2000 Arbeitnehmern, einen Aufsichtsrat wählen zu lassen. Dabei handelt es sich um einen sog. drittelparitätisch besetzten Aufsichtsrat, bei dem ein Drittel der Aufsichtsratssitze mit Arbeitnehmervertretern zu besetzen ist.
Das Drittelbeteiligungsgesetz erfreut sich bei mittelständischen Unternehmen – zu denen Gesellschaften in der Rechtsform der GmbH mit 500 Arbeitnehmern in der Regel gehören – keiner großen Beliebtheit. Die Vorstellung, unternehmerische Entscheidungen nicht mehr autonom im Gesellschafterkreis treffen zu können, sondern Arbeitnehmervertreter beteiligen zu müssen, befremdet viele Mittelständler wie auch ausländische Gesellschafter aus Ländern, in denen man ein Mitbestimmungsrecht wie in Deutschland nicht kennt. Diejenigen Gesellschafter, die sich mit der Unternehmensmitbestimmung nach dem Drittelbeteiligungsgesetz schwertun wird es beruhigen, dass das Gesetz kein Instrumentarium zur Erzwingung eines Aufsichtsrats bei der GmbH nach dem Drittelbeteiligungsgesetz bereithält. So hat am 09.01.2014 das Bundesverfassungsgericht (Az. 1BvR 229/13; Pflicht zur Bildung eines Aufsichtsrats nach dem Drittelbeteiligungsgesetz – Bundesverfassungsgericht schützt Unternehmen vor Ordnungsgeldern) entschieden, dass gegen eine Gesellschaft, die entgegen § 325 Abs. 1 HGB beim elektronischen Bundesanzeiger keinen Bericht des Aufsichtsrats einreicht, deswegen kein Ordnungsgeld verhängt werden darf. Bildet eine Kapitalgesellschaft keinen Aufsichtsrat, obwohl sie den Schwellenwert von 500 Arbeitnehmern überschreitet, bleibt dieser Gesetzesverstoß somit im Ergebnis sanktionslos. Das heißt aber nicht, dass dem Unternehmen nicht doch Ungemach drohen kann. Insbesondere solche Gesellschaften, bei denen nicht nur kein Aufsichtsrat, sondern auch kein Betriebsrat besteht, müssen damit rechnen, dass sie in den Blickpunkt von Gewerkschaften geraten und Initiativen zur Bildung eines Betriebsrats unternommen werden.
Änderung von § 14 Abs. 2 AÜG mit Wirkung vom 01.04.2017
Zu beachten ist, dass mittelständische Unternehmen neuerdings vermehrt in den Anwendungsbereich des Drittelbeteiligungsgesetzes fallen. Seit April 2017 bestimmt nämlich das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) gemäß § 14 Abs. 2 AÜG, dass beim Schwellenwert von 500 Arbeitnehmern auch Leiharbeitnehmer zu berücksichtigen sind, wenn die Einsatzdauer sechs Monate übersteigt.
„Soweit Bestimmungen des Mitbestimmungsgesetzes, . , des Drittelbeteiligungsgesetzes, … oder der aufgrund der jeweiligen Gesetze erlassenen Wahlordnungen eine bestimmte Anzahl oder einen bestimmten Anteil von Arbeitnehmern voraussetzen, sind Leiharbeitnehmer auch im Entleiherunternehmen zu berücksichtigen. Soweit die Anwendung der in Satz 5 genannten Gesetze eine bestimmte Anzahl oder einen bestimmten Anteil von Arbeitnehmern erfordert, sind Leiharbeitnehmer im Entleiherunternehmen nur zu berücksichtigen, wenn die Einsatzdauer sechs Monate übersteigt.“
Diese Neuregelung ist in der Literatur heftig kritisiert worden, weil sie entgegen der Begründung im Gesetzgebungsverfahren nicht lediglich eine gesetzliche „Klarstellung“ der bisherigen Rechtsprechung bringt, sondern wesentlich darüber hinaus geht. Gleichwohl schreibt diese neu gefasste Vorschrift nun ausdrücklich die Berücksichtigung von Leiharbeitnehmern für die Unternehmensmitbestimmung vor.
Vermeidungsstrategien
Vor diesem Hintergrund werden bei Familiengesellschaften oder ausländischen Gesellschaftern einer deutschen GmbH vermehrt Überlegungen angestellt, wie die Aufsichtsratspflicht bei der GmbH vermieden werden kann. Um zu verhindern, dass Arbeitnehmer in den nach der Konzeption des Drittelbeteiligungsgesetzes zwingenden Aufsichtsrat der GmbH gewählt werden, gibt es folgende Ansatzpunkte:
1) Vermeidung der Errichtung eines Aufsichtsrats durch Unterlassen
Die einfachste Form der Vermeidung der Bildung eines Aufsichtsrats ist es, keine Aktivitäten zur Wahl des Aufsichtsrats zu entfalten („Vermeidung durch Unterlassen“). Gem. § 1 DrittelbG hat die Geschäftsführung einer GmbH, die dem Drittelbeteiligungsgesetz unterliegt, dem Betriebsrat mitzuteilen, dass Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsrat zu wählen sind. Die Geschäftsführung hat lediglich diese Mitteilungspflicht, während die Durchführung des eigentlichen Wahlverfahrens den Arbeitnehmern bzw. ihren Vertretungen obliegt. Erfolgt eine solche Mitteilung durch die Geschäftsführung nicht, so kann es nur zur Errichtung eines Aufsichtsrats kommen, wenn ein nach § 98 AktG Antragsberechtigter die Errichtung eines Aufsichtsrats verlangt. Solange dies nicht geschieht wobei als Antragsberechtigte insbesondere der Betriebsrat oder die Gewerkschaft in Betracht kämen ist das Unterlassen der Bildung eines Aufsichtsrats sanktionslos (vgl. oben).
2) Austausch der Leiharbeitnehmer nach sechs Monaten
Leiharbeitnehmer sind beim mitbestimmungsrechtlichen Schwellenwert gemäß § 14 Abs. 2 Satz 6 AÜG nur zu berücksichtigen, wenn die Einsatzdauer sechs Monate übersteigt. Es kommt danach nicht darauf an, ob die Leiharbeitnehmer auf Dauerarbeitsplätzen beschäftigt werden (arbeitsplatzbezogene Betrachtung), sondern darauf, wie lange der einzelne Arbeitnehmer beschäftigt wird (arbeitnehmerbezogene Betrachtungsweise). Sofern die Leiharbeitnehmer nach spätestens sechs Monaten Einsatz gegen andere Leiharbeitnehmer ausgetauscht werden, sind sie beim Schwellenwert des Drittelbeteiligungsgesetzes nicht zu berücksichtigen.
3) Konzernverleih
§ 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG privilegiert diejenige Arbeitnehmerüberlassung, die zwischen Konzernunternehmen stattfindet. Gehört die GmbH, deren Arbeitnehmerzahl den Schwellenwert des Drittelbeteiligungsgesetzes wegen hinzuzurechnender Leiharbeitnehmer zu überschreiten droht, zu einem Konzern, so kann in Erwägung gezogen werden, die eingesetzten Leiharbeitnehmer nicht mehr durch Leiharbeitsverträge zwischen der GmbH und dem Zeitarbeitsunternehmen zu generieren, sondern die Verträge mit Zeitarbeitsunternehmen künftig von einer anderen Konzerngesellschaft abschließen zu lassen. Wenn eine andere Konzerngesellschaft Überlassungsverträge mit Zeitarbeitsunternehmen abschließt und die Arbeitnehmer nicht selbst beschäftigt, sondern an die GmbH überlässt, könnten die Voraussetzungen des privilegierten Konzernverleihs erfüllt sein.
Für das Privileg, von den Vorschriften des AÜG ausgenommen zu werden, verlangt § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG aber, dass die Arbeitnehmer nicht zum Zweck der Überlassung eingestellt und beschäftigt werden. Mit dieser Formulierung soll der Zweck der Privilegierung umrissen werden, den vorübergehenden Einsatz eigener Arbeitnehmer bei einem anderen Konzernunternehmen ohne bürokratische Hürden zu ermöglichen. Arbeitnehmer, die aber überhaupt nicht beim verleihenden Unternehmen eingesetzt werden, sondern ausschließlich an andere Konzernunternehmen überlassen werden sollen, ohne jemals – wieder – beim Vertragsarbeitgeber (Verleiher) tätig zu werden, sollen dagegen nicht privilegiert werden.
Da diese Vorschrift des § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG die Geltung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes generell ausschließt, geht die herrschende Auffassung davon aus, dass § 14 Abs. 2 AÜG nicht anwendbar ist, wenn ein Konzernleihsachverhalt vorliegt. Liegen die Voraussetzungen des Konzernverleihs vor, so sind die überlassenen Arbeitnehmer somit nicht vom Anwendungsbereich des AÜG erfasst und zählen bei der Berechnung des Schwellenwerts des Drittelbeteiligungsgesetzes nicht mit.
4) Bildung eines gemeinsamen Betriebs
Für die vom Drittelbeteiligungsgesetz erfasste GmbH bietet ein Gemeinschaftsbetrieb mit einem anderen Unternehmen, bei dem die für die GmbH tätigen Arbeitnehmer angestellt werden, einen möglichen Weg, die beim Vertragsarbeitgeber angestellten Mitarbeiter beim Schwellenwert nicht berücksichtigen zu müssen. Erforderlich wäre, dass die GmbH mit einem anderen Unternehmen einen Gemeinschaftsbetrieb bildet.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts liegt ein gemeinsamer Betrieb vor, wenn die in einer Betriebsstätte vorhandenen materiellen und immateriellen Betriebsmittel mehrerer Unternehmen zu einem einheitlichen arbeitstechnischen Zweck zusammengefasst, geordnet und gezielt eingesetzt werden und der Einsatz der menschlichen Arbeitskraft von einem einheitlichen Leitungsapparat gesteuert wird (BAG vom 22.06.2005 – 7 ABR 57/04). Hierfür müssen sich die Unternehmen zumindest stillschweigend zu einer gemeinsamen Führung rechtlich verbunden haben, so dass der Kern der Arbeitgeberfunktion im sozialen und personellen Bereich von derselben institutionellen Leitung einheitlich ausgeübt wird (BAG vom 10.04.2014 – 2 AZR 647/13). Der gemeinsame Betrieb kann von zwei bereits bestehenden Unternehmen gebildet werden, ebenso möglich ist es aber, dass das Entleiher-Unternehmen durch eigene Organisation die Voraussetzungen für einen gemeinsamen Betrieb schafft, in dem eine neue Gesellschaft („newco“) gegründet wird. Das BAG erkennt einen gemeinsamen Betrieb aber nur an, wenn die bereits bestehenden oder neu gegründeten Gesellschaften einen einheitlichen arbeitstechnischen Zweck verfolgen.
Arbeitnehmer, die nicht bei der GmbH angestellt sind, sondern bei einer anderen Gesellschaft, mit der zusammen die GmbH einen gemeinsamen Betrieb bildet, sind beim Schwellenwert des DrittelbG nicht mitzuzählen. Nach der Rechtsprechung des BAG schließen sich Arbeitnehmerüberlassung und das Vorliegen eines Gemeinschaftsbetriebs rechtstechnisch gegenseitig aus. Hintergrund ist, dass eine Arbeitnehmerüberlassung nur dann vorliegt, wenn der betreffende Arbeitnehmer in eine fremde Betriebsorganisation (des Entleihers) eingegliedert ist und nur den arbeitsrechtlichen Weisungen des Dritten unterworfen ist. Bei einem Gemeinschaftsbetrieb kann der Arbeitnehmer dagegen schon begrifflich nicht in eine „fremde“ Organisation eingegliedert werden, weil eine gemeinsame Betriebsorganisation beider Unternehmen vorliegt. Das Weisungsrecht gegenüber den Arbeitnehmern des Gemeinschaftsbetriebs wird daher nicht durch einen „Dritten“. Soweit Arbeitnehmer also zwar für die GmbH tätig, jedoch bei einer anderen Gesellschaft angestellt sind, mit der die GmbH einen gemeinsamen Betrieb bildet, sind diese Arbeitnehmer beim Schwellenwert des DrittelbG nicht zu berücksichtigen.
Beratungsangebot von GKD Rechtsanwälte
Nähere Informationen hierzu und auf Wunsch eingehende Beratung erhalten Sie durch Rechtsanwalt Dr. Stefan Jäkel und Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht Dr. Rolf Stagat an unserem Standort Konstanz.
Worum geht es?
Das Drittelbeteiligungsgesetz (DrittelBG) verpflichtet GmbHs mit mehr als 500 und weniger als 2.000 Arbeitnehmern, einen Aufsichtsrat einzurichten und ein Drittel der Aufsichtsratssitze mit Arbeitnehmervertretern zu besetzen. Insbesondere inhabergeführte mittelständische Unternehmen – aber auch ausländische Obergesellschaften – tun sich mit der gesetzlich vorgeschriebenen drittelparitätischen Mitbestimmung schwer. Müssen Unternehmen, die bislang nicht über einen Betriebsrat verfügen, Aufsichtsratswahlen nach der Wahlordnung zum Drittelbeteiligungsgesetz durchführen, so lässt sich kaum vermeiden, dass sich in diesem Zuge auch ein Betriebsrat konstituiert. So verwundert es nicht, dass viele mitbestimmungspflichtige Unternehmen dieser Pflicht nicht nachkommen.
Indirekte Sanktion – Praxis des Bundesamts für Justiz
Da das Drittelbeteiligungsgesetz keine Sanktionen bei Verstößen vorsieht, blieb die Missachtung der Pflicht zur Bildung eines Aufsichtsrats lange Zeit folgenlos. Dies änderte sich nach Inkrafttreten des Gesetzes über elektronische Handelsregister sowie das Unternehmensregister (EHUG), durch das die Verpflichtung eingeführt wurde, sämtliche offenlegungspflichtigen Daten über ein Unternehmen zentral elektronisch zur Verfügung zu stellen. Kapitalgesellschaften müssen danach den Jahresabschluss gem. § 325 Abs. 1 HGB beim Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers elektronisch einreichen. Bestandteil der zu veröffentlichenden Jahresabschlussunterlagen ist bei Kapitalgesellschaften mit Aufsichtsräten auch der Bericht des Aufsichtsrats (§ 325 Abs. 1 S. 3 HGB). Hat eine Gesellschaft – obwohl nach dem Drittelbeteiligungsgesetz mitbestimmungspflichtig – keinen Aufsichtsrat gebildet, so kann sie auch keinen Bericht des Aufsichtsrats einreichen. Bei fehlendem Bericht des Aufsichtsrats in den elektronisch eingereichten Jahresabschlussunterlagen einer zur drittelparitätischen Mitbestimmung verpflichteten GmbH hat das Bundesamt für Justiz regelmäßig Ordnungsgelder verhängt und dadurch eine indirekte Sanktion über die Ordnungsgeldvorschrift des § 335 HGB geschaffen.
Klage einer betroffenen GmbH vor dem LG Bonn
Eine vor dem Landgericht Bonn dagegen klagende GmbH hatte geltend gemacht, dass sie von der Pflicht zur Veröffentlichung des Berichts des Aufsichtsrats nicht erfasst sei, denn ein Aufsichtsratsbericht sei nur dann zu erstellen und offenzulegen, wenn tatsächlich ein Aufsichtsrat existiere. Das Landgericht Bonn folgte dem nicht und argumentierte, es sei unerheblich, ob die der Pflicht zur Einreichung des Berichts des Aufsichtsrats vorausgehende Pflicht zur Bildung eins Aufsichtsrats unabhängig von den Ordnungsgeldvorschriften des HGB sanktioniert werde.
Entscheidung des BVerfG
Der dagegen gerichteten Verfassungsbeschwerde hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 09.01.2014 (1 BvR 229/13) stattgegeben, weil das Landgericht Bonn bei seiner Auslegung der Ordnungsgeldvorschrift des § 335 HGB das grundgesetzliche Bestimmtheitsgebot missachtet habe. Die Auslegung des Landgerichts führe zu einer unzulässigen Ausweitung des in § 335 HGB normierten Ordnungsgeldtatbestands. Nach der Auslegung durch das Landgericht Bonn ziele das Ordnungsgeld im Ergebnis auf die Durchsetzung einer § 335 HGB vorgelagerten Maßnahme, nämlich der Verpflichtung zur Bildung eines Aufsichtsrates nach § 1 DrittelBG, für die es jedoch ein eigenes gesetzliches Regime gebe. Verstoße eine Kapitalgesellschaft gegen ihre Pflicht, einen Aufsichtsrat zu bilden, dürfe gegen sie nicht deswegen ein Ordnungsgeld verhängt werden, weil sie auf Grund des fehlenden Aufsichtsratsberichts ihre Pflicht zur Veröffentlichung des Jahresabschlusses verletzt hat.
Folgen für die Praxis
Mit dieser Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bleibt das Unterlassen der Bildung eines Aufsichtsrats entgegen den ausdrücklichen Vorgaben des Drittelbeteiligungsgesetzes im Ergebnis sanktionslos. Der durch die Praxis des Bundesamts für Justiz entstandenen mittelbaren Sanktionierung des Verstoßes gegen die Pflicht zur Bildung eines Aufsichtsrats ist damit der Boden entzogen. GmbHs, die mehr als 500 Arbeitnehmer haben, gleichwohl jedoch keinen drittelparitätisch besetzten Aufsichtsrat bilden wollen, müssen also nicht mehr befürchten, durch die „Hintertür“ der Verhängung von Ordnungsgeldern wegen des fehlenden Berichts des Aufsichtsrats in den Jahresabschlussunterlagen zur Durchführung von Aufsichtsratswahlen gezwungen zu werden.
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