In seinem Urteil vom 23.11.2016 (L 5 R 50/16) hat das Landessozialgericht Baden-Württemberg Minderheitsgesellschafter – Geschäftsführern einen Weg aufgezeigt, wie sie trotz bloßer Minderheitsbeteiligung an der GmbH sozialversicherungsfrei bleiben können. Zu entscheiden war der Falle eines Geschäftsführers, der mit 20 % an der GmbH beteiligt war, nach deren Gesellschaftsvertrag Beschlüsse der Gesellschafterversammlung grundsätzlich mit einfacher Mehrheit gefasst worden.

Dienstvertragsrecht

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Die Besonderheit lag darin, dass jedoch Beschlüsse über den Abschluss und die Änderung von Geschäftsführeranstellungs-verträgen und die Erteilung von Weisungen an Geschäftsführer der Einstimmigkeit bedurften. Im Geschäftsführerdienstvertrag war flankierend geregelt, dass der Geschäftsführer das Unternehmen eigenständig leite. Nach Auffassung des Landessozialgerichts ist bei diesem Zusammenwirken des Gesellschaftsvertrags mit dem Geschäftsführervertrag dem Geschäftsführer eine Rechtsmacht eingeräumt, die die Annahme bloßer Schönwetter-Selbstständigkeit ausschließt. Für den Geschäftsführer entsteht in diesem Fall also keine Sozialversicherungspflicht.

Praktische Bedeutung:

Das Bundessozialgericht verlangt seit seiner Rechtsprechungsänderung durch die November-Urteile vom 11.11.2015 für die sozialversicherungsrechtliche Selbstständigkeit eines Gesellschafter-Geschäftsführers, dass dieser über die Rechtsmacht verfügt, unliebsame Beschlüsse der Gesellschafterversammlung verhindern zu können.

Diese Rechtsmacht kann nach Auffassung des Bundessozialgerichts nicht durch eine schuldrechtliche Rechtsgrundlage wie den Geschäftsführer- Anstellungsvertrag vermittelt werden, sondern bedarf einer Verankerung unmittelbar im Gesellschaftsvertrag. Zur Vermeidung der Sozialversicherungspflicht bedarf es daher grundsätzlich einer Beteiligung von 50 % am Gesellschaftskapital sowie entsprechender Stimmrechte. Mit dem Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg wird eine vermittelnde Lösung ermöglicht: der Gesellschafter-Geschäftsführer kann Minderheitsgesellschafter und dennoch selbständig sein, sofern er seine Tätigkeit nach dem Anstellungsvertrag selbständig und weisungsfrei ausüben kann und eine Änderung oder die Kündigung seines Anstellungsvertrages sowie die Erteilung von Weisungen an ihn von der Gesellschafterversammlung nur mit seiner Zustimmung beschlossen werden können.

Dr Rolf Stagat

Dr. Rolf Stagat berät bei allen Fragen zum Dienstvertragsrecht